Friedrich Spee von Langenfeld – Vorkämpfer gegen die Hexenverfolgung im Mittelalter

Friedrich Spee von Langenfeld

Wer war Friedrich Spee?

Bürgerl. Name: Friedrich Spee von Langenfeld, geboren: 1591, gestorben: 1635

Was hatte Friedrich Spee mit Rüthen zu tun?

Friedrich Spee von Langenfeld war zwar kein Rüthener, aber er war in der Umgebung, nämlich in Paderborn, als Professor und Beichtvater für Männer und Frauen, die wegen angeblicher Hexerei zum Tode verurteilt waren, tätig. Spee erkannte, daß die Hexen sich nicht im Bann des Teufels befanden, sondern von anderen Menschen dazu verurteilt wurden. Er forderte deswegen die gänzlich Abschaffung der Folter. Die Hexenverfolgung war auch ein großer Bestandteil der Rüthener Vergangenheit. Man erbaute sogar einen Turm, der zur Verbrennung von Hexen diente. Für Spees Einsatz gegen die Hexenverfolgung errichtete man ihm an diesem Turm, der noch heute besteht, ein Denkmal.

Bronzetafel am Hexenturm

Bronzetafel am Hexenturm, gestaltet von Bert Gerresheim

Dargestellt sind der Vorkämpfer gegen den Hexenwahn, Friedrich Spee von Langenfeld, von dem der früheste Beleg des Rechtsgrundsatzes „Im Zweifel für den Angeklagten“ im deutschen Rechtsraum stammt, und Michael Stappert.

Das Leben des Friedrich Spee von Langenfeld!

Mit 19 Jahren bittet Spee um Aufnahme in die Societas Jesu und kommt nach Trier, um dort sein Noviziat zu beginnen: spätestens in Trier muß Spee mit dem Hexenwahn nachdrücklich konfrontiert worden sein, denn zu den Aufgaben der Novizen gehörte es, in den umliegenden Gemeinden Katechese abzuhalten, dort nämlich fanden noch immer Hexenprozesse und Verbrennungen statt, wenn auch die erste Welle von 1585 bis 1591 bereits vorüber war, der Hunderte zum Opfer gefallen waren. 1612 müssen die Novizen Trier wegen eines Pestausbruchs verlassen ; sie gehen nach Fulda, wo Spee sein Noviziat mit dem ersten Gelübde beendet, mit dem sich Spee an den Jesuitenorden bindet. Das zweite Gelübde, das auch den Orden an ihn gebunden hätte, hat er nie ablegen können, weil er zu diesem Gelübde nicht zugelassen wurde. Von Fulda geht Spee nach Würzburg, um dort drei Jahre lang Philosophie zu studieren. Er beginnt eine Jugendarbeit, die er vor allem in Speyer und Worms pflegt, wohin er als Gymnasiallehrer versetzt wird. Hier entstehen seine ersten Kirchenlieder, die allerdings den späteren Dichter nicht offenbaren.

Hexenverbrennung
Hexenverbrennung, zeitgenössische Darstellung

1619 beginnt Spee sein Hauptstudium – das der Theologie – in Mainz. Im März 1622 erhält Spee die Priesterweihe und gelobt, sein weiteres Leben zum unendlich großen Lobe Gottes darzubringen. Ein Jahr später erscheint Spees erste Sammlung von geistlichen Liedern. Im gleichen Jahr sieht man Spee mit einem Lehrauftrag für Philosophie an der Jesuitenuniversität in Paderborn. Auch dort dichtet er Kirchenlieder. Er gerät in Konflikt mit seinem Ordensoberen, weil er sich im Lazaret an der Pflege von Kriegsverwundeten beteiligt. Spee wird für ein Jahr nach Speyer geschickt und soll von dort nach Wesel gehen, wird aber dann nach Köln beordert, wo er als Lehrer der Philosophie an der Universität und am Gymnasium tätig ist. In Köln wird ihm vorgeworfen sich kritisch gegenüber den Klöstern geäußert zu haben. Er wird nach Peine bei Hannover geschickt, wo er sich der Seelsorge widmet. Er spendet seinen Wochenlohn von Reichstalern an die Armen und nimmt für die Dienstleistungen wie Taufe und Beisetzung keine Gebühren.

Cautio criminalis
Cautio criminalis

Am 29. April 1629 wird Spee auf dem Weg von Peine in das kleine Dorf Woltorf überfallen und schwer verletzt. Drei Monate verbringt Spee in Falkenhagen zur Genesung, eine Zeit der Besinnung für ihn, hier entstehen die Anfänge der beiden Weke, für die der Name Spee bis heute steht :“Trutz – Nachtigal“ und die „Cautio Criminalis“. In der Cautio Criminalis beschreibt er den Leidensweg einer Frau, die wegen angeblicher Hexerei, gefoltert wird. Drucklegung und Herausgabe seiner Schrift bereiteten Spee große Sorgen. Eine Erlaubnis seines Ordens war ausgeschlossen, selber als Herausgeber aufzutreten, hätte einen Bruch seines Gelübdes bedeutet. Spee greift zu einer List, zitiert einen fiktiven Verfasser, „weil der Verfasser dieser Schrift sich nicht dazu bewegen ließ, sie drucken zu lassen“. Spee wird als Verfasser schnell enttarnt, man will die Schrift indizieren, den Autor aus dem Orden ausschließen ; Spee kann aber Paderborn unbehelligt verlassen, weil schwedische Truppen sich der Stadt nähern und das Jesuitenkolleg nach Köln verlegt wird. Zudem genießt Spee den Schutz seines neuen Ordensgenerals, der ihn 1632 nach Trier schickt. Spee wird sogar befördert zum Professor für Exegese, aber auch in Trier gerät er in Konflikt mit der Obrigkeit.

Hexenturm mit Stadtmauer
Hexenturm an der Stadtmauer in Rüthen

Spee bleibt sich in der turbulenten Zeit treu, er will Gerechtigkeit und Nächstenliebe, auch wenn es das eigene Leben kostet. Er pflegte Verwundete und Kranke, laßt sich in seinem Wirken aber nicht abschrecken, als bekannt wird, daß die kaiserlichen Soldaten eine Seuche in Trier eingeschleppt haben. Spee infiziert sich und stirbt am 7. August 1635 im Alter von 44 Jahren ; am gleichen Tag wird er in der Gruft der Jesuitenkirche begraben. 1649, 14 Jahre nach seinem Tod, erfüllt sich seine größte Hoffnung : Schwedens Königin Christine läßt alle Hexenprozesse und Inquisationsverfahren einstellen.

(Diese Seite ist die älteste in unserem aktuellen Internetauftritt. Sie wurde bereits 1997 für die allererste Homepage des Friedrich-Spee-Gymnasiums vom damaligen Differenzierungskurs Informatik unter der Leitung von StR Felix Pradel erstellt.)

Text und Bilder: Katrin Köller und Annette Sitzer

Rehabilitation der in Rüthen als Hexen verurteilten und hingerichteten Frauen – ein Unterrichtsprojekt im Fach Geschichte

Klasse 8a brachte im Jahr 2011 den Antrag in den Rat ein

RÜTHEN. Zur Zeit der Hexenverfolgung im 16./17. Jahrhundert wurden in Rüthen 169 unschuldige Frauen, Männer und Kinder hingerichtet – jetzt will der Stadtrat die Opfer rehabilitieren. Die 8a des Gymnasiums hatte das Vorhaben angestoßen.

Es ist der wohl ungewöhnlichste Antrag, über den die Ratsfrauen und Ratsherren im westfälischen Rüthen je zu befinden hatten: Am späten Donnerstagnachmittag (31. März 2011) steht die „sozialethische Rehabilitation“ der „während des 16. und 17. Jahrhunderts im Rahmen der sogenannten Hexenverfolgungen unschuldig verurteilten und hingerichteten Personen“ zur Abstimmung. Ein Antrag, der, wie der Bürgermeister des Städtchens im Kreis Soest, Peter Weiken, findet, nur auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheint: „Wir schieben die Vorgänge von damals oft der Unwissenheit der Menschen zu, doch wenn man sich heutige Auswüchse von Rassismus, von Vorurteilen gegenüber ge­sellschaft­li­chen Gruppen oder Hetzkampagnen im Internet an­sieht, so scheint es, dass wir manchmal nicht viel weiter sind, als die Menschen damals .“

Dieser Meinung waren auch die Schüler der Klasse 8 a des örtlichen Friedrich-Spee-Gymnasiums, die den Antrag in den Rat einbrachten. Sie haben sich im vergangenen Schulhalbjahr intensiv mit dem Thema befasst. In Rüthen, so erklärt Bürgermeister Weiken, ist das Thema präsent, durch den Hexenturm, der seinen Platz im Stadtbild hat, und in dem heute noch Folterinstrumente aus damaliger Zeit ausgestellt sind. „Da bekommt jeder als Kind beim Spaziergang die Hexen-Geschichten erzählt“, so Weiken.

Rehabilitationsprojekt schlägt Bogen zum Namensgeber der Schule, Friedrich Spee

Als Geschichtslehrerin Marion Wollschläger das Thema in der 8 a auf den Stundenplan setzte, war sie erstaunt, dass viele Schüler zwar von Hexenverfolgungen gehört hatten, aber nicht wussten, dass wirklich reine Willkür hinter Anklagen und Urteilen stand. „Es reichte die Denunziation durch einen missgünstigen Nachbarn, vermeintliche Zeugen wurden wahllos be­fragt, Geständnisse unter Folter erzwungen“, so Marion Wollschläger. Da das Thema die Schüler begeisterte und es zudem einen Bogen schlug zum Namensgeber der eigenen Schule, Friedrich Spee, der einst ein Kämpfer gegen die Hexenprozesse war (s. Kasten), lud sie Hartmut Hegeler in den Un­terricht ein, einen pensionierten Lehrer, der sich seit Jahren dem Thema verschrieben hat.

Klasse 8a mit Vertretern der Stadt Rüthen
Klasse 8a mit Vertretern der Stadt Rüthen Westfalenpost, 06.05.2012

Grete Adrian soll 1655 ein Pferd gerissen haben

Hegeler berichtete den Schülern, wie solche Prozesse abliefen. Zum Beispiel der von Grete Adrian aus dem Jahr 1655. „Eine nicht ganz unvermögende, verwitwete Bäuerin“, so Hegeler. Gegen sie gab es gleich mehrere „Anklagepunkte“. So wurde ihr zum Vorwurf gemacht, dass schon ihre Mutter der Hexerei angeklagt war, dass sie den geplanten Diebstahl von Schafen aus ihrem Stall so schnell bemerkt habe, dass diese Eingebung nur vom Teufel selber gekommen sein konnte, oder dass sie versucht habe, einen Knecht mit Milch zu vergiften.

Die wohl absurdeste Anschuldigung aber war, dass Grete Adrian in Gestalt eines Werwolfs das Pferd eines Nachbarn gerissen haben sollte. Die Frau leugnete, doch schließlich gestand sie unter mehrmaliger Folter alles, was man von ihr hören wollte: Dass sie das eigene Vieh und das des Nachbarn vergiftet habe, dass sie Unzucht mit dem Teufel getrieben habe, ja sogar, dass sie ihren eigenen Mann vergiftet habe. Der Rat gewährte der geständigen Frau schließlich die Gnade, vor dem Verbrennen auf dem Scheiterhaufen geköpft zu werden. „Ein sehr typischer Ablauf eines solchen Prozesses“, erklärt Hegeler.

Die Verurteilten gelten noch heute offiziell als schuldig.

169 Frauen, Männer und Kinder wurden auf diese Weise im 16. und 17. Jahrhundert unschuldig in Rüthen zum Tode verurteilt und hingerichtet. Ihnen soll nun Gerechtigkeit widerfahren. „Die Schüler waren entsetzt, als sie feststellten, dass die unschuldig verurteilten Menschen heute offiziell noch als schuldig gelten“, erzählt Marion Wollschläger. Die Lehrerin fand heraus, dass es in anderen Bundesländern bereits Rehabilitationen gegeben hatte. „Die Schüler waren von der Idee begeistert.“ In ihrem Antrag formulierten sie unter anderem, dass sie eine Rehabilitation auch als Zeichen für ein faires und couragiertes Miteinander in der heutigen Zeit sehen, erklärt Wollschläger. Der Bürgermeister empfing die Schüler – und war schnell überzeugt. Auch einige Heimatforscher haben sich inzwischen dem Antrag angeschlossen. Die heutige Abstimmung, da ist Bürgermeister Weiken überzeugt, ist lediglich noch ein Vollzug.

Die Schülerinnen und Schüler, so berichtet Marion Wollschläger, werden der Ratssitzung beiwohnen. Sie hoffen nun, dass ihr Antrag ein Vorbild für andere Städte ist.

Westfälische Rundschau, 31.03.2001