Seit einigen Tagen glänzen die Stolpersteine in Rüthen wieder in einer goldenen Farbe. Den Jahrestag der Reichsprogromnacht am neunten November nahmen die Geschichtsschüler des Rüthener Friedrich-Spee-Gymnasiums jetzt zum Anlass, um die Gedenktafeln vor den ehemaligen Häusern jüdischer Bewohner zu reinigen.
Rund ums Jahr sind die elf Stolpersteine in Rüthen Wind, Wetter und den Fußsohlen unaufmerksamer Passanten ausgesetzt. So lässt es sich nicht vermeiden, dass die Messingplatten nach einer gewissen Zeit eine gräuliche Farbe annehmen. Auch in diesem Jahr hat die Fachschaft Geschichte des Friedrich-Spee-Gymnasiums die Initiative zur Reinigung der Stolpersteine ergriffen. Mit dabei waren dieses Mal die Zwölftklässler des Geschichtszusatzkurses in Begleitung der Lehrerinnen Sarah Steinrücken und Theresa Lennert. Ausgestattet mit Putzmittel und Lappen machten sich die Schüler an die Aufgabe, die quadratischen Gedenktafeln von ihrer Schmutzschicht zu befreien. Jetzt glänzen die Steine wieder in ihrer goldenen Farbe und sollen Fußgänger dazu anhalten, im Alltag den Opfern des Nationalsozialismus zu gedenken.
Neben der Reinigung der Steine war es auch Ziel der Aktion, die Erinnerungen an die Gräueltaten der Nazis aufzupolieren. Vor jedem der Stolpersteine hielten die Schüler inne und lasen die Lebensgeschichte des dazu gehörenden Menschen vor. Die Einzelschicksale der jüdischen Bewohner Rüthens bewegten die Schüler sichtlich. „Ein Bewusstsein schaffen“, nannte Lehrerin Sarah Steinrücken es. Auf Seiten der Schüler sollte es zu dem Verständnis kommen, dass das Dritte Reich nichts Abstraktes darstellte und die nationalsozialistische Schreckensherrschaft vor der Rüthener Gemeinde keinen Halt machte.
Auch im direkten Umfeld der Schüler wurden jüdische Bewohner gezielt erniedrigt, deportiert und schließlich ermordet. Anlässlich des Jahrestages der Reichsprogromnacht blickte der Geschichtskurs auf die Ereignisse in der Nacht vom neunten auf den zehnten November vor 83 Jahren zurück. In jener Nacht wurden tausende Juden gedemütigt und verloren ihre Existenzgrundlage, Hunderte wurden ermordet. Auch in Rüthen fanden am Morgen des zehnten Novembers organisierte Gewaltaktionen gegen jüdische Bewohner statt. So wurden in der Stadt Rüthen die Scheiben von sechs Geschäften jüdischer Anwohner eingeschlagen und die Inneneinrichtung verwüstet. Dabei markierte die Reichsprogromnacht den Beginn zur systematischen Verfolgung der Juden im Nationalsozialismus mit der Folge, dass auch die Spuren der jüdischen Bevölkerung in Rüthen verloren gingen.
„Wir müssen Verantwortung für diese Geschichte übernehmen“, führte Sarah Steinrücken an. Dazu gehöre es auch die Verantwortung zu tragen, dass sich die schrecklichen Ereignisse aus der Zeit des Nationalsozialismus nicht wiederholen. Bei einem abschließenden Gedankenaustausch nach der Reinigung der Stolpersteine zogen die Schüler ein Fazit. So sei es wichtig zu verstehen, dass das Gedankengut der Nazis auch in der heutigen Gesellschaft noch vorhanden sei genauso wie diskriminierendes und gewalttätiges Verhalten in Form von Antisemitismus.