Entlassungsfeier in der Alten Aula
Höhepunkt der schulischen Feierlichkeiten war sicherlich die Überreichung der Abiturzeugnisse am Freitag durch Schulleiter Heinfried Lichte und Stufenleiterin Monika Pickmeier: 83 mal konnten beide das Zeugnis der „Allgemeinen Hochschulreife“ und vier Mal das Zeugnis der „Fachhochschulreife“ an die nun ehemaligen Schülerinnen und Schüler des Friedrich-Spee-Gymnasiums überreichen.
Zuvor ließ Schulleiter Heinfried Lichte die zurückliegenden acht Schuljahre der Jahrgangsstufe am FSG Rüthen noch einmal kurz Revue passieren: Aus der vagen Sehnsucht, angefangen mit dem Kennenlernen der neuen Schule und der Mitschüler*innen am ersten Schultag, wurden im Laufe der Schul- und Lebenszeit bei den einzelnen zunehmend konkrete Vorstellungen, die wiederum Grundlage für weitere Sehnsüchte sind. „Ein Ziel Ihrer möglichen Sehnsucht haben Sie erreicht – den erfolgreichen Abschluss Ihrer Schulzeit“, machte Lichte den feierlichen Anlass des Tages deutlich. Dazu wünschte er der anwesenden Abiturientia 2021 „Whanaungatanga“. Denn, so führte Lichte weiter aus, um eine Kultur zu verstehen, müsse man sich mit ihren unübersetzbaren Wörtern beschäftigen, habe Salman Rushdie einmal geschrieben. Whanaungatanga sei demnach so ein Wort.
„Whanaungatanga stammt aus der Sprache der Maori, der Ureinwohner Neuseelands, und hat keine englische, keine französische, keine deutsche Entsprechung, weil die damit verbundene Vorstellung in der westlichen Welt fremd ist und höchstens als vage Sehnsucht existiert. Bei den Maori ist Whanaungatanga ein zentraler Begriff, der sich aus drei Wörtern zusammensetzt, die alle etwas Ähnliches meinen. Whanau heißt Familie, -nga bezeichnet die Erweiterung der Familie und -tanga alles, was mit Beziehungen zu tun hat. Man könnte Whanaungatanga also als Potenzierung der Familie beschreiben, als dreifaches Gefühl der Verbundenheit.
Zugrunde liegt die Überzeugung, dass dem Einzelnen ein befriedigendes Leben nur dann vergönnt ist, wenn er in einem größeren Gefüge aufgeht. Konkret bedeutet Whanaungatanga, für andere zu sorgen, weil ihr Geschick untrennbar mit dem eigenen verbunden ist.
Wenn Sie, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, auf Ihre Schulzeit blicken, haben Sie sicherlich auch in dem ein oder anderen Zusammenhang Whanaungatanga erfahren oder gelebt: – beim Zusammensein in der Klasse, bei Fahrten und Ausflügen, beim Erleben von Erfolg und Misserfolg, beim Einsteigen in den Schulbus, bei vielen weiteren Anlässen… Whanaungatanga wird Sie hoffentlich auch auf Ihrem weiteren privaten und beruflichen Weg begleiten; machen Sie es zu Ihrem Motto.“
Im Anschluss richtete Stufenleiterin Monika Pickmeier, ausgehend von einem Zitat Marc-Uwe Klings, Autor der „Känguru-Trilogie“, den Blick auf die zurückliegenden Schul- und Jugendjahre „ihrer“ Jahrgangsstufe, die – neben vielen sehr erfreulichen und positiven Ereignissen – eben auch von gesellschaftlichen Krisen geprägt war bzw. ist. So führte Pickmeier beispielsweise die zurückliegende Destabilisierung der Partnerschaft zwischen den USA und Europa an ebenso wie das Erstarken neopopulistischer Kräfte bis in die Parlamente hinein und die Klimakrise, die dringend tragfähige Lösungsansätze erfordere und deren Folgen noch gar nicht absehbar seien. Nachfolgend griff Monika Pickmeier den – nicht zuletzt durch die Medien in den zurückliegenden Monaten geprägten – Begriff der benachteiligten „Corona-Generation“ auf: zwar sei unbestritten, dass viele Kinder und Jugendliche weltweit durch die „Corona-Pandemie“ in ihrem Lebens- und Bildungsweg Nachteile erfahren hätten, aber die Stufenleiterin ermutigte gleichzeitig zu einer differenzierten Auseinandersetzung.
„Die Corona-Maßnahmen haben euch in den beiden Jahrgangsstufen der Qualifikationsphase getroffen, der Zeit, die für die Vorbereitung auf das Abitur besonders wichtig ist. Und dass ihr jetzt hier eure Abschlusszeugnisse in Empfang nehmt, zeigt doch deutlich, dass ihr in der Lage gewesen seid, mit diesen Maßnahmen umzugehen, euch einzustellen auf eine andere Art von Lernen, trotz allem zielorientiert zu bleiben, auch wenn das Zuhause am Schreibtisch vielleicht nicht immer so leichtfiel und einige von euch eine – nicht nur von mir – bewunderte Gelassenheit an den Tag legten. Mit euren Abschlusszeugnissen erhaltet ihr quasi den Beweis dafür, dass ihr eine „krisenfeste“ Stufe seid. Verbunden mit dem Dank an die Eltern und Lehrerschaft für die zurückliegende, gemeinsam geleistete Arbeit und Unterstützung wünschte Monika Pickmeier den Abiturientinnen und Abiturienten, dass sie nach dieser erfolgreichen Feuertaufe „im Mikrokosmos Schule (…) nun auch im Makrokosmos der Gesamtgesellschaft gelingt, an der Lösung von Problemen und Krisen mitzuarbeiten und damit nicht nur euer eigenes Leben, sondern auch die Gesellschaft zu gestalten.“
In Anlehnung an die derzeitig stattfindende Fußball-Europameisterschaft verwies Herr Hellemeier als Elternverteter auf das bekannte Sepp-Herberger-Zitat „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ und wünschte der Abiturientia in seiner kurzweiligen Rede viel Erfolg – sei es im Studium, einer Berufsausbildung oder auch einer kurzen selbst gewählten Auszeit – für die nun bevorstehenden Aufgaben.
Im Anschluss an die Rede der Schülerverteter, die ihrerseits auch noch ein letztes Mal den Blick auf die zurückliegenden Schuljahre am FSG richteten, fand für die drei Gruppen der Abiturientia jeweils ein Empfang bei schönstem Wetter im Park der Schule statt.