Am 09.11. gastierten Franz Kaps und Franz- Josef Knippschild in der vom Verein der Eltern, Ehemaligen und Freunde des Friedrich-Spee-Gymnasiums veranstalteten Inszenierung von

K. Kressmann Taylors  "Address unknown"   -  "Empfänger unbekannt"

in der alten Aula des Gymnasiums und leisteten damit einen literarischen Beitrag zur Bekämpfung des leichtfertigen Umgangs mit dem Gedankengut  der Nationalsozialisten.

Zur ersten Lesung schreibt der Patriot:

   

Erschreckend, abschreckend

Franz Kaps und Franz-Josef Knipschild boten mit "Empfänger unbekannt"
eine packende, zugleich einfühlsame Lesung über die eisige Entfremdung
zweier Freunde

*Erschreckend, abschreckend*
Ein emotionales Erlebnis: Der von Franz Kaps (l.) und Franz-Josef
Knipschild gelesene Briefwechsel 'Empfänger unbekannt' dokumentiert die
Entfremdung zweier Freunde in der Nazi-Zeit.
Es ist ein Abschied, der die tiefe Freundschaft zwischen den beiden Männern
offenbar werden lässt, herzlich und voller Wärme. "Ein Freund, ein guter
Freund" ertönt kratzig von einer Schallplatte, während sich die Männer
umarmen. Max Eisenstein und Martin Schulze haben gemeinsam eine Galerie
in San Francisco. Mit Martins Rückkehr 1932 nach Deutschland, in ein
Land, das geprägt ist von der Rezession und einer politischen Ohnmacht,
beginnt die Geschichte von "Empfänger unbekannt", einem Briefroman von
Kathrine Kressmann Taylor.

Ein beängstigender und visionärer Briefwechsel, der einen Zeitraum von
zwei Jahren behandelt. Gelesen wurden diese Briefe im Saal des Alten
Rathauses von Franz Kaps (Briefe von Max Eisenstein), Leiter der
Jodocus-Theatergruppe, und Franz-Josef Knipschild (Briefe von Martin
Schulze) vom Zimmertheater Meschede.

In klaren, einfachen Worten erzählen die Briefe von der eisigen
Entfremdung der beiden Freunde, schildern, wie leicht der Schritt vom
Liberalen zum Nazi in damaliger Zeit gewesen sein muss. Sie berichten
von Martins Verrat an Max und an seiner Schwester und von Max
erfolgreicher Rache an seinem ehemals besten Freund.

Die Szenerie, die sich im Alten Rathaus präsentiert, kommt mit wenigen
Requisiten aus. Vor dem Kamin an einer Seite des Saales sitzt Max, vor
dem anderen Kamin Martin - Amerika und Deutschland, räumlich zusätzlich
getrennt durch die Zuschauer.

Einfühlsam schildern die Leser, wie sich die Freundschaft zur Tragödie
wandelt. Das Deutschland, in das Martin zurückkehrt, das von Max als ein
Land bezeichnet wird, das "in die politische Freiheit aufbricht",
präsentiert sich Martin ganz anders: Von politischen Unruhen ist in
seinen Briefen die Rede, von Armut, von innerer Zerrissenheit. Die
Machtübernahme Hitlers wirkt hier wie "ein elektrischer Schlag". Hitler
ist stark, "wie nur ein großer Redner und Fanatiker es sein kann".
Zweifelt Martin zunächst noch an der Zurechnungsfähigkeit des neuen
Machthabers, lässt er sich immer mehr in seinen Bann ziehen, wandelt
sich zum Hitler-Anhänger, der sich dessen Rassenideologie aneignet, zum
Verräter an der Freundschaft zu Max wird, diesem schließlich entgegen
schleudert: "Ich habe dich nicht wegen deiner Rasse geliebt, sondern
trotzdem."

Max versucht trotz allem, an die Freundschaft der beiden Männer zu
glauben. Erst als Martin aus Feigheit und politischem Kalkül seine
Schwester verrät, die von der SA umgebracht wird, nimmt Max perfide Rache.

Franz Kaps und Franz-Josef Knipschild boten eine packende, zugleich
einfühlsame Lesung, die Gänsehaut verursachen konnte. Intensiviert
wurden die Stimmungen, die sich von Freundschaft zu tiefem Hass
wandelten, durch die Einspielungen von Hitler-Reden. "Empfänger
unbekannt" war ein emotionales Erlebnis. Erschreckend und (hoffentlich)
abschreckend.

taf